Die Aufgabenstellung war für ITGAIN eindeutig: Ein deutschlandweiter Finanzdienstleister musste seine veralteten Server austauschen, um den Sicherheitsrichtlinien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weiterhin gerecht werden zu können. Für ITGAIN gehört eine solche Datenbank-Migration zum Alltagsgeschäft, doch dieser Auftrag hatte seine Tücken: „Die größte Herausforderung bestand darin, die gesamte Migration bei über 200 Filialen durchzuführen, und das während ihrer Geschäftszeiten,“ berichtet Ertuğrul Temiz, Solution Consultant Operational Services bei ITGAIN. „Sonst hätten wir das Timing nicht einhalten können.“ Zusätzliche Herausforderung waren die speziellen Anforderungen des Kunden, die in jeder Phase des Migrationsprozesses besonders hohen Datenschutz und erweiterte Sicherheitsstandards verlangten.
Wie organisiert man über 200 Ansprechpartner?
Um die große Anzahl der Ansprechpartner auf Kundenseite und das Team von ITGAIN zu koordinieren, musste ein umfassendes Kommunikationsnetz aufgebaut werden, das alle Beteiligten zuverlässig und passgenau miteinander verband. Denn ein solches Projekt erfordert nicht nur Fingerspitzengefühl beim Migrationsprozess, sondern auch größte Sorgfalt bei der Terminkoordinierung. Mit einem Tickettool und vielen Telefongesprächen wurde das Projekt effizient gesteuert und die Downtime der Datenbanken so kurz wie möglich gehalten. „Manchmal hatte ich das Gefühl, ich arbeite in einem Callcenter,“ erinnert sich Ertuğrul Temiz lachend, „denn die technischen Ansprechpartner sind selten auch die Personen, die den Migrationsprozess freigeben. Das waren Vorgesetzte oder andere Führungskräfte, mit denen ich mich auch abstimmen musste.“
Der große Umzug
Die Vorbereitungen für die Migration waren umfangreich und dauerten mehrere Tage, teilweise sogar Wochen. Nachdem sie abgeschlossen waren, konnten sich die Filialen in einem Online-Portal ihren Wunschtermin aussuchen und wurden anschließend über das Tickettool mit allen notwendigen Informationen versorgt. Danach konnten die Termine nur noch im Notfall verschoben werden.
Sobald die neuen Server bereitgestellt wurden, überprüfte sie ITGAIN auf Vollständigkeit und installierte darauf die Zieldatenbanken mit den Parametern der Quelldatenbanken. Am Tag der Migration wurde der Zugang zu den Datenbanken zum vereinbarten Zeitpunkt gesperrt und der Transfer durchgeführt. Besonders große Datenbanken übertrug das Team zusätzlich am Wochenende. Nach der Migration wurden die neuen Datenbanken sorgfältig geprüft, die alten abgeschaltet und die neuen an die Filialen übergeben. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme wurden die Quelldatenbanken mit ihren Daten so lange aufbewahrt, bis der Kunde die Freigabe zum Löschen erteilte.
Datenbank ist nicht gleich Datenbank
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, um Daten von einer Datenbank in eine andere Datenbank zu migrieren. „Und da bei diesem Projekt die Größe der Datenbanken von drei Gigabyte bis zu 1,5 Terabyte schwankte, haben wir drei verschiedene Migrationstechniken erarbeitet, die auf die jeweilige Datenmenge abgestimmt waren,“ erklärt Ertuğrul Temiz.
Der klassische Weg besteht darin, die Daten zu exportieren, auf den Zielserver zu übertragen und dort in die neue Datenbank zu importieren. Die Daten müssen hierbei jedoch zweimal gelesen und geschrieben werden, wodurch sich der Zeitaufwand verdoppelt. Aus diesem Grund wurde diese Methode nur selten eingesetzt.
Die meisten Datenbanken konnten schnell und sicher über unser Standardverfahren per Datenbanklink direkt übertragen werden. Nur die Datenbanken mit extrem großen Datenmengen wurden in kleinere Teile partitioniert, einzeln exportiert, auf dem neuen Server importiert und danach in der neuen Datenbank wieder zusammengeführt.
Das Zusammenspiel von Koordination, Termindruck, Downtime und die besonderen Anforderungen der Kunden machten das Projekt einzigartig.“
ERTUĞRUL TEMIZ, SOLUTION CONSULTANT BEI ITGAIN
Die zwei Stunden der Wahrheit
120 Minuten Downtime während der Öffnungszeiten – das ist ein Gedanke, der jedem Dienstleister mit Publikumsverkehr den Schweiß auf die Stirn treibt. Auch für ITGAIN war das eine Herausforderung, denn falls Probleme aufgetreten wären, hätte das die Arbeit der Bankfilialen gestört – und das quasi vor Publikum. Für Fehler war also kein Platz.
Da der gesamte Prozess Remote gesteuert wurde, war eine Präsenz in der Filiale nicht notwendig. Ob die Migration erfolgreich verlaufen war, musste jedoch vor Ort überprüft und von der Filiale gemeldet werden. „Das waren schon spannende Momente,“ erinnert sich Ertuğrul Temiz. „Vor allem, wenn gar kein Anruf kam. Aber mir war schnell klar, dass das eigentlich das beste Zeichen war. Wenn es Probleme gab, meldeten sich die Kunden sofort.“ Doch das war selten der Fall, lediglich einige Anwendungen von anderen Firmen hatten Anlaufschwierigkeiten. Hier konnte das Team von ITGAIN sofort eingreifen und genaue Anweisungen erteilen, wie die Anwendung integriert werden musste.
Experten im Einsatz
Weil das Zusammenspiel von Koordination, Termindruck, Downtime und die besonderen Anforderungen der Kunden keine Alltagsaufgabe waren, stellte ITGAIN ein Team aus mehreren Experten für Oracle-Datenbanken zusammen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein so geballtes und gut kombiniertes Knowhow von Fachkräften woanders nicht zu bekommen gewesen wäre,“ meint Ertuğrul Temiz. „Doch mit diesem Team konnten wir die 600 Datenbanken in genau anderthalb Jahren planmäßig migrieren.“