Daten sind eines der Kern-Assets von Banken und Versicherungen, nicht erst seit Big Data. Gespeichert und verarbeitet werden sie seit Jahrzehnten auf Großrechnern, meist auf sogenannten Mainframe-Systemen. Die sind bestens erprobt und – auch im Vergleich zu neueren Technologien – sehr performant. Datenverarbeitung in großem Maßstab läuft darauf sicher und sehr schnell.
Seit vielen Jahren allerdings ist klar, dass die Migration von Datenbanken und Software auf aktuelle Betriebssysteme unausweichlich ist. Tatsächlich steigen immer mehr Banken und Versicherungen um. Doch es gibt auch viele, die sich mit dem Wechsel noch zurückhalten. Denn die Migration von Mainframe-Systemen ist alles andere als trivial und sehr aufwendig, die bestehenden IT-Landschaften mit Daten von Millionen Kunden sind über Jahrzehnte gewachsen und äußerst komplex.
Die Mainframe-Expertise geht in Rente
Aber je länger sich der Übergang hinzieht, desto schwerwiegender wird ein ganz besonderes Problem: In Erwartung neuer Technologien haben die Banken und Versicherungen seit vielen Jahren keine Mainframe-Experten mehr ausgebildet, immer weniger Menschen kennen sich mit z/OS, dem Betriebssystem für Großrechner, aus. „Wir haben in der Branche einen extremen Engpass bei Fachleuten für Mainframe und z/OS, und es kommen keine neuen mehr nach. Wir werden dieses Wissen aber die nächsten zehn bis zwanzig Jahre noch brauchen“, sagt Dominik Pustofka. Der Solution Consultant und angehende IT-Architekt bei ITGAIN arbeitet als Berater für eine große Versicherung in Basel an der Umstellung von z/OS auf Linux und weiß genau, wovon er spricht.
„Das Wissen über die Mainframe-Technologie geht in den nächsten Jahren mit den alt verdienten Softwareentwicklern in Rente“, sagt Pustofka. Ein drängendes Problem, wie der Experte weiß. Denn dieses Wissen wird fehlen, wenn in Zukunft grundlegende Vorgänge, wie Systemupdates oder Hotfixeinspielungen (Hyperfixes), durchgeführt werden müssen. Die Vorgehensweisen folgen zwar einer Routine, sind aber sehr komplex und erfordern Kenntnisse in z/OS. Die Arbeitsschritte, die dabei zu befolgen sind, können leicht ein Dutzend Seiten füllen. Abhilfe ist von den jüngeren Kollegen im IT-Department nicht zu erwarten. Ihnen fehlen schlicht die nötige Ausbildung und Erfahrung.
Dominik Pustofka ist ein Vereinfachungs- und Automatisierungsspezialist."
YILMAZ BORA BASPINAR, SCRUM MASTER, SYSTEME & ANWENDERSUPPORT KL BEI BASLER VERSICHERUNG
Automatisierer dringend gesucht
Wer heutige Technologien wie Web-Applikationen und Cloud-Technologien kennt, fragt sich bei wiederkehrenden händischen Abläufen wie Hotfixeinspielungen zur schnellen Behebung von Fehlern: Könnte man diese Vorgänge nicht automatisieren? Tatsächlich kommen Personen wie Scrum Master und Product Owner immer wieder auf diesen Gedanken. Doch dessen Umsetzung scheitert allzu oft an fehlender Kompetenz:
Die jungen Kollegen haben in der Regel keine Expertise für den Mainframe, die älteren kennen sich mit Automatisierungen auf diesem Gebiet meist nicht aus. Oft sehen sie keine Notwendigkeit für die Automatisierung von Vorgängen, die sie schon immer händisch durchgeführt haben.
Genau hier kommen Pustofka und ITGAIN ins Spiel. Der Experte begleitet seinen Kunden beim Umstieg von z/OS auf Linux. Bei der Pflege des Mainframe-Systems war er immer wieder mit ermüdenden Routineaufgaben konfrontiert. Die hätte der Kunde schon früher sehr gerne automatisiert, war allerdings bis dahin nicht in der Lage dazu.
In sieben Mausklicks: Hyperfixes und Hauptreleases
Pustofka brachte ein für sein Alter eher seltenes Interesse mit: Der 31-Jährige kennt sich mit z/OS und der kaum noch genutzte Skriptsprache REXX aus. Zusammen mit seinem Wissen über moderne Technologien versetzte ihn das in die Lage, passende Programme zu schreiben und so zu automatisieren, was bisher keiner automatisieren konnte oder wollte – und das sogar für Vorgänge, die bis dahin niemandem aufgefallen waren. Hyperfixes zum Beispiel, das sind schnelle Update-Einspielungen, quasi Ad-hoc-Reparaturen von Programmfehlern. Pustofka gibt ein fiktives Beispiel: „Ein Versicherter tritt ins Rentenalter ein, bekommt aber seine Rente nicht ausgezahlt. Wenn alle Daten dazu korrekt erfasst worden sind, dann muss ein Fehler im Programm, in der Datenstrecke oder in einer Routine vorliegen. Dann wird ein Hyperfix nötig.“ Bessert man während so eines Hyperfixes ein schadhaftes Stück Code aus, müssen sämtliche andere Komponenten des Systems, die damit zusammenspielen, sorgsam darauf abgestimmt werden, sonst ergeben sich jede Menge Anschlussfehler.
Pustofka entwickelte ein Programm, das Hyperfixes in einem bestimmten Bereich automatisiert durchführt und über eine grafische Benutzeroberfläche sehr einfach bedienbar ist. So können IT-Mitarbeiter, die über keine z/OS-Kenntnisse verfügen, einen Vorgang ausführen, für den vorher Mainframe-Expertise notwendig war. Für diese Lösung nutzte Pustofka die kaum noch verwendete Skriptsprache REXX. Für einen anderen Vorgang nutzte er die Programmiersprache VBA von Microsoft Excel (Visual Basic Application). Damit konnte er einen Ablauf automatisieren, für den vorher mehrmals im Jahr eine Schrittliste von elf DIN-A4-Seiten abgearbeitet und händisch eingegeben werden musste. Es ging um die Vorbereitung für das Hauptrelease eines Programms. Auch hierfür legte Pustofka wieder eine grafische Oberfläche an. „Ich habe aus elf Seiten Anweisungen sieben Buttons gemacht“, erzählt Pustofka. Benötigte Entwickler-Expertise für das Hauptrelease: keine.
Die Automatisierungen von Hyperfixes haben den ganzen Prozess vereinfacht. Die Fehlerquote konnte verringert werden und den Prozess können auch Informatiker ausführen, die nicht in Einspielungen versiert sind.“
ERICH DÜRRENBERGER, PRODUKT OWNER KL KERN, BASLER VERSICHERUNG
Automatisierung: die konservierte Mainframe-Expertise
Die Lösungen von Dominik Pustofka sparen viel Zeit und minimieren die Fehleranfälligkeit. Doch mit Blick auf die verschwindende Mainframe-Kompetenz gibt es einen Gewinn, der fast noch wertvoller ist. Denn diese Kompetenz wird in Pustofkas Automatisierungslösungen quasi konserviert. Irgendwann, wenn die Migration auf ein neues Betriebssystem geschafft ist, wird sie nicht mehr nötig sein. Bis dahin erledigen Pustofkas Programme weiter ihre Aufgaben – eine äußerst komfortable und effiziente Übergangslösung.